JH: Tolle Darsteller, mitreißende Choreografie, satter Sound: Musical Company des LLG spielt "Jekyll & Hyde"

GIESSEN - Reicher Szenenbeifall, Standing Ovations und ein dickes Lob der begeisterten Schulleiterin Antje Mühlhans markieren den Premierenabend in der Turnhalle des Landgraf-Ludwigs-Gymnasiums. Das 1990 von Frank Wildhorn (Musik) und Leslie Bricusse (Text) geschriebene Musical basiert auf R. L. Stevensons Klassiker, in welchem ein junger, ehrgeiziger Wissenschaftler am eigenen Leib versucht, das Gute vom Bösen im Menschen zu trennen. Bei diesem Experiment geht er zugrunde, nur das Publikum, wie in Gießen, ist schließlich der Gewinner.

GA11112114Das liegt an der effektvollen Dramaturgie der Vorlage und vor allem an der genialen Umsetzung auf der Bühne der Turnhalle. Regisseur Martin N. Spahr kann als musikalisch versierter Dirigent von Musicals genau in die Figuren und ihre Verhaltensweisen hineinhören. Er präsentiert eine in sich geschlossene Szene, die die Abgründe der menschlichen Seele sichtbar macht. Das wird optisch durch 194 (so Mühlhans) Lichteinstellungen grundiert. Vom nackten Arbeitslicht bis zum sündhaften Rot reflektiert die Bühne die Story, die ebenso intensiv erzählt wird durch eine mitreißende Choreografie. Theresa Gehring tippt an "Cabaret" Tingeltangel, Revuemomenten mit wirkungsvoll eingesetzten Schirmen und in der atemberaubenden Szene "Mörder, Mörder" mit leuchtenden Taschenlampen. 

Das große Ensemble ist über zweieinhalb Stunden lang ohne Energieverlust in Bewegung, zumal das technische Personal - wie die Heinzelmännchen - die Bühne flott umbaut. Ausstatter Markus Lepper (Kunstlehrer am LLG) beschränkt sich auf signifikante Versatzstücke wie im Laboratorium oder im Rotlichtmilieu und unterstützt so die Personenführung. Vor der Bühne spielt das Musicalorchester unter Martin Ballmeier: etwa zwanzig Stimmen mit Fagott, Posaune, Streicher, Keyboard und Percussion - ein satter Sound, nicht ständig in Harmonie mit dem Ensemble auf der Bühne. Gleichwohl, die gefühlvollen Balladen und fetzigen Chöre kommen rüber. Besonders einprägsam das Cello-Spiel zum Ende Jekylls, bei dem das Instrument den verlöschenden Atem hörbar macht. 

Sahnehäubchen unter den Solisten ist Tobias Conrad in der Doppelrolle Jekyll/Hyde. Schauspielerisch und gesanglich eine tief gefühlte Interpretation, ständig präsent den ganzen Abend, zerrissen zwischen Forschungsdrang und Hoffnungslosigkeit. In mehreren Rollen fällt die starke Stimme von Mathis Görke angenehm auf. Flankiert wird die Titelfigur durch seine treue Verlobte (Sabrina Ludwig, Doppelbesetzung: Bianca Poloschek) und die Prostituierte Lucy (Katrin Schwalb, Doppelbesetzung: Marijan Engeln). In "Nur sein Blick" vereinen sich beide hörenswerte Stimmen zu einem klangvollen Erlebnis.

"Dies ist die Stunde", bekennt Jekyll. Für das Publikum war dies die Stunde eines theatralischen Ereignisses.

Am 12. 14. und 15. November sind die letzten Vorstellungen. Karten kann man entweder im "Punkt und Strich" am Kirchenplatz kaufen oder im Internet unter llg-musical-company.de reservieren.

 

GA (11.11.14)