Seit einigen Jahren beteiligen sich unter Federführung von Herrn Sebastian Dauzenroth regelmäßig Klassen des LLG an der Reinigung bereits verlegter Stolpersteine, die an verfolgte emigrierte und ermordete Juden sowie andere NS-Opfer aus Gießen erinnern. Am Donnerstag, dem 26. Juni 2025, wurden wieder acht neue Stolpersteine verlegt und daran waren im Beisein von Oberbürgermeister Becher, unserer Schulleiterin Frau Pfannmüller, von einigen Lehrern sowie Anwohnern drei Schülerinnen des LLG beteiligt.
Elisabeth Aberschanski (9c) hat am diesjährigen Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten teilgenommen und dafür die Verfolgung jüdischer Rechtsanwälte in Gießen während der NS-Diktatur erforscht. Einer davon war Leopold Katz, der mit seiner Frau Jakobine sowie den Töchtern Irmgard und Margot Ruth in der Bahnhofstraße 50 lebte. Elisabeth berichtete vom berührenden Schicksal dieser Familie und zitierte ausführlich aus dem letzten Brief, den Leopold kurz vor seiner Deportation in den Tod aus dem Gefängnis heraus an seine Frau geschrieben hat. Dieser Brief hat Jakobine Katz, die auch ermordet wurde, nie erreicht. Die Töchter, die in der Emigration überlebten, haben von diesem Brief wohl nie erfahren. Elisabeth Aberschanski hat diesen Brief bei ihren Nachforschungen entdeckt.
In der Bahnhofstraße 76 lebte Max Goldschmidt, den Karlotta Zimmer (9d) vorstellte. Während es über die Familie Katz noch zahlreiche Dokumente gibt, existiert über Max Goldschmidt, der 1943 ermordet wurde, so gut wie nichts mehr. Das hat Karlotta Zimmer sehr beschäftigt. Sie sagte in ihrer Rede: „All diese Information, die Sie über Max Goldschmidt gehört haben, habe ich aus drei Seiten in Akten und Büchern. Keine persönlichen Briefe, Fotos, Berichte oder Tagebücher. Nichts! Von Max Goldschmidt existiert kaum noch etwas. So als hätte es ihn nie gegeben. Was bedeutet es, wenn von einem Leben so wenig übrig ist? Es kommt einem so vor, als wollte jemand, dass man sich an ihn nicht mehr erinnert. Und genau das wollten die Nationalsozialisten. (…) Und genau deswegen finde ich diese Stolpersteine so wichtig. Sie erinnern an Menschen, die eigentlich durch Vernichtung und Gewalt vergessen werden sollten. Diese Steine sind eine weitere kleine Sache, die wieder an sie erinnert. Nicht nur ein oder zwei Seiten aus Akten.“
In der Wilhelmstraße 12 lebte die Familie Schmidt – Siegmund Schmidt, seine Ehefrau Emilie und Fritz David Schmidt, einer der beiden Söhne. Über deren Schicksal sprach Paula John (Jg. 13). Sie hatte sich vor zwei Jahren in einem Beitrag für den damaligen Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten u. a. mit der Vertreibung der Familie Schmidt aus ihrer Wohnung in der Wilhelmstraße, dem Umzug in den Alten Wetzlarer Weg und am Ende mit der Einweisung in ein „Judenhaus“ in der Landgrafenstraße beschäftigt. Paula John zeigte auf, wie diese ständigen Umzüge von einem Verarmungsprozess begleitet waren, weil das gesamte Vermögen der Schmidts beschlagnahmt worden war und nahezu der gesamte persönliche Besitz nach und nach abgeliefert werden musste. Auch Paula konnte eine neue Erkenntnis zum Schicksal der Familie Schmidt beitragen, denn bislang war in Gießen unbekannt, dass der ältere Sohn Hermann im Rahmen der Euthanasiemorde in Hadamar umgebracht worden war. Die Familie erhielt eine fingierte Sterbeurkunde, in der angegeben war, dass er an Typhus gestorben sei. Für Hermann Schmidt fehlt also noch ein Stolperstein. Er soll im nächsten Jahr verlegt werden.