Manuel Seidel: Nighthawsk

Es ist düster und nass. Das Licht der Straßenlaterne von draußen, scheint in den Raum.

Joey empfindet Hass für mich, aber er hat ja auch einen guten Grund dafür. Ich weiß, dass es nicht richtig war, aber es musste sein, sonst wäre ich jetzt nicht mehr hier. Joey lag sehr viel an seinem Cousin, aber hätte er sich geopfert? Wer weiß das schon. Es ist nur eins klar: Ich bin draußen, und er auch. Das hätte selbst ich nicht von ihm erwartet, nachdem was sonst so schon alles passiert ist. Seine Frau schaut mich betrübt an und verlässt den Raum. Jetzt sind nur noch wir beide im Raum. Joey ist schon alt und lange im Geschäft, ich hingegen bin erst neu und habe noch nicht viel Erfahrung. Es wäre alles perfekt abgelaufen, wenn da nicht Tony wäre.

{gallery}2013/OVAG,single=Edward_Hopper_01.jpg,salign=right,width=300{/gallery}Er hat uns verraten und ein Haufen Geld kassiert. Joey ist enttäuscht, das sieht man ihm an.

Wir hatten die zehnfache Menge Kokain und der Gewinn wäre an die halbe Millionen gegangen.

Auf der einen Seite kann man Tony verstehen, er hätte kaum was abbekommen, da er beim letzten Deal fast aufgeflogen wäre, aber das er uns deswegen verrät? Es muss an etwas anderem gelegen haben, es konnte nicht nur das Geld sein. Ich frage mich, was Tony jetzt macht, er gehört jetzt nicht mehr zu uns, aber die Marokkaner wollen ihn auch nicht. Er hat vielleicht ein Haufen Geld im Moment, aber so wie ich ihn kenne, wird er schon bald auf der Straße landen. Joey erzählt mir von einem neuen Deal, obwohl er weiß, dass es gefährlich ist, will er es durchziehen. Jetzt kommt es auf alles an. Wenn diese Übergabe platzt, dann ist es vorbei mit uns. Dies wird das Letzte Mal sein, meint er.

Ich verlasse den Raum, nehme ein Taxi und fahre nach Hause.

Simon Falkenstein: Ground Swell

{gallery}2013/OVAG,single=Edward_Hopper_04.jpg,salign=right,width=300{/gallery}Es war ein schöner Morgen, an dem sich die Natur von ihrer schönsten Seite zeigte. Ich genoss den letzten Zug meiner Zigarette und machte mich fertig. Mein bester Freund Will hatte mich heute zum Segeln eingeladen. Ich hatte das zwar noch nie gemacht, aber es würde schon schiefgehen. Als ich von meinem Strandhaus aus zu der nicht allzu weit entfernten Hafenbucht ging, sah ich es schon von Weitem im Takt der Wellen wiegen. Ich sah Will zwar nirgends, kletterte aber trotzdem an Bord seines Schiffes. Da kam auch schon Will aus dem unteren Teil seines Bootes heraus und begrüßte mich herzlich. „Hey John, wie geht’s dir? Bereit zum Ablegen?“ „Ich wär´ so weit“, sagte ich.

Also segelten wir los. Wir sprachen wie immer kaum, nur das Nötigste und waren auch schnell aus der Bucht hinausgesegelt und schließlich auf internationalen Gewässern gelandet. Die Arbeit auf dem Schiff war zwar hart, aber sie zahlte sich aus, denn schon nach einigen Stunden warfen wir den Anker und beschlossen, wie besprochen, eine Nacht auf hoher See zu verbringen. Doch das Fallen des Ankers ließ ebenso den Mantel des Schweigens fallen, den wir über uns gebreitet hatten. Wir redeten an jenem Abend mehr als an jedem anderen. Über unsere Beziehungen, Probleme und vieles mehr. Trotzdem sollte das die schlimmste Nacht meines Lebens werden.

Jan Wels: Lighthouse Hill - Ewige Reise

Vater muss noch ein wenig länger bleiben“, hatte ihm ständig seine Schwester gesagt. Aber er war nicht dumm, er wusste, dass er nie wieder zurückkommen würde.

Seine Mutter hatte seit drei Wochen nicht ihr Zimmer verlassen. Seine Schwester war unter dem Druck geflüchtet. Er war jetzt 13 und wurde gezwungen, ihn und seine Mutter alleine zu ernähren.

{gallery}2013/OVAG,single=Edward_Hopper_09.jpg,salign=right,width=300{/gallery}„Mom, reiß dich zusammen, geh raus!“, rief er vergeblich. Jeden Tag wartete er mindestens zwei Stunden vor der verschlossenen Tür, um ihr ein schlechtes Gewissen einzujagen. Er würde gerne wegrennen, wie die Schwester, aber er würde die Mutter nie alleine lassen. Über die Schwäche beider war er so wütend, dass er das Essen nicht durch die Katzenklappe zum Bett schob, damit sie nicht aufstehen musste, sondern gegen die Wand schlittern ließ. Sie hatte seit dem Tag, an dem seine Schwester das Weite suchte, kein einziges Wort mehr gesagt.

Er dachte sich, wenn sie jetzt nicht antwortete, würde er ausrasten. Nachdem er nichts hörte, schlug er schließlich die Tür mit einem Baseballschläger ein und stürmte hinein. Da sah er unberührte Teller und das leere Bett. Er stürzte hinaus und sah sie am Fuße des Leuchtturms. Sie war auf Geschäftsreise gegangen.

Moritz Battenfeld: Conference at Night

Es war Mitternacht. In seinem Knie brannte eine Wunde, doch diese kümmerte ihn wenig. Vor ihm standen sein Cousin Vito und dessen Frau Narse. Diesen Abend würden sie lange in Erinnerung behalten. Nach dem Drama auf dem Ball hatten sie sich in die Bibliothek im Obergeschoss des National House of Independence begeben.

{gallery}2013/OVAG,single=Edward_Hopper_06.jpg,salign=right,width=300{/gallery}„Hoffentlich hat uns niemand gesehen“, mahnte Vito, „wir werden uns lange nicht mehr blicken lassen können.“ „Gott sei Dank“, gab Francesco zu und legte das verletzte Bein über das andere. „Wir sollten mit deinem Bein zu einem Arzt gehen“, sagte Narse. „Das nächste Mal müssen wir besser aufpassen, sonst kommt uns wieder ein Möchtegern-Gangster dazwischen“, gab Vito zu, doch Francesco erwiderte: „Es wird kein nächstes Mal geben. Ich steige aus.“ Humpelnd verließ er den Raum. „Francesco!“, rief Vito ihm hinterher, doch dann verschwand er hinter der Tür. „Er tut das Richtige. Das solltest du auch tun“, mahnte Narse. Daraufhin gingen sie über die Feuertreppe nach draußen.

Tabea Trietsch: Chop Suey

Sie saß hilflos am Tisch. Sie wartete in Gedanken versunken auf ihre Freundin in einem Café, das sie einst gemocht hatte. Die Stadt war ihr einmal schön vorgekommen, die verwinkelten Gassen, die kleinen Boote, die dicht aneinander gedrängten Häuser und die vielen kleinen Schlupflöcher hatte sie gemocht. Doch nun hatte sie vor allem Angst, sogar vor ihrer Familie, aber am meisten vor ihrem Vater. Er war für sie ein Monster geworden. Sie wollte mit Nadja über ihre Probleme sprechen, doch ob sie es verstehen würde, wusste sie nicht. Sie wollte auf keinen Fall, dass sie zur Polizei geht. Es wäre zwar richtig, doch er müsste wahrscheinlich den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen – und das wollte sie nicht. Die Vorstellung war einfach schrecklich.

{gallery}2013/OVAG,single=Edward_Hopper_08.jpg,salign=right,width=300{/gallery}Plötzliche setzte sich Nadja neben sie und sah sie an: „Monika, ist alles in Ordnung?“ Nein, ihr ging es gut. „Irgendetwas hast du doch, ich kenne dich nun wirklich lange genug, um das zu sehen!“ Sie hatte recht, sie kannte ihre Freundin wirklich ziemlich gut, ein Grund mehr, es zu verschweigen. Sie wollte diese Freundschaft nicht auch noch zerstören. Erst vorgestern hatte sie sich von ihrem Freund getrennt. Sie hätten eigentlich bald heiraten sollen, denn ihre Väter hatten sie als sie noch Kinder waren, miteinander verlobt. Sie versuchte, Nadja das Problem zu schildern und fragte: „Was würdest du machen, wenn jemand, der dir sehr nahe steht, aus deinem Leben tritt und die Folgen, die dies mit sich zieht, schrecklich sind? Eine dieser Folgen ist, dass ein Verwandter ein schlimmes, nicht zu verzeihendes Verbrechen begeht und du willst nur weglaufen, weißt aber nicht wohin, denn plötzlich hast du vor allem Angst. Dich erschrecken Äste, die knacken und kannst abends nicht mehr vor die Tür. Du irrst umher, weißt aber nicht, wem du das Geheimnis anvertrauen kannst und wem nicht. Würdest du es mir erzählen?“ Nadja sagte eine Weile nichts und seufzte dann:“ Schwierige Situation“. Sie riet ihr, in einem Brief alles aufzuschreiben und diesen anonym abzuschicken. Sie hatte recht, es könnte ihr helfen. Doch nun wollte sie nicht weiter darüber sprechen und bedankte sich für ihren Rat. Beide bestellten Kaffee und aßen stillschweigend ihren Kuchen und hörten dabei dem Pärchen zu, das am Nachbartisch saß und sich über die Bedienung beschwerte. Beiläufig bemerkte sie, dass sie schon eine Weile hier saßen und erschreckt sprang Nadja auf, bezahlte und verabschiedete sich schnell und eilte zu dem Treffen mit ihrer Mutter.

Monika beneidete sie um ihr harmonisches Familienleben. Sie fragte die Kellnerin nach Zettel und Stift. Es fiel ihr schwer, ihre Gefühle in Wort zu fassen. Es schien ihr, als ob es falsch wäre, ihren Vater so darzustellen. Aber es war ihr wichtig, dass ihre beste Freundin die Wahrheit erfuhr. Sie brauchte lange für den Brief, raffte sich dann aber auf und warf ihn in den Briefkasten, klingelte, rannte weg. Nadja wusste sofort Bescheid. Sie hatte geahnt, dass es so kommen würde. Behutsam öffnete sie den Brief und las. Sie schwieg und ging langsam ins Haus zurück.

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