Seit 2005 veranstaltet das Zentrum für Chemie jedes Jahr Erfinderlabore zu unterschiedlichen Themen, die sich mit aktuellen Forschungsgebieten beschäftigen. Diese werden im Unterricht nur wenig bis gar nicht behandelt. In diesem Jahr hatte ich das Glück dabei zu sein.
Das Thema des 15. Erfinderlabors lautete „Organische Elektronik“. Als ich mich wie 200 andere Schüler für das Erfinderlabor bewarb, konnte ich mir noch nicht viel unter dem Thema vorstellen. Im Internet fand ich zwar das Stichwort „leuchtende Kunststoffe“, jedoch konnte ich mir nicht erklären, wie dies funktionieren sollte. Deshalb ging ich ohne Vorkenntnisse und mit Spannung in die Woche hinein.
Ich fuhr am Sonntagnachmittag mit dem Zug von Gießen und kam als erste in der Jugendherberge an. Doch schon bald stießen die anderen 15 Schüler dazu. Wir alle waren aufgeregt und gespannt, was in den nächsten Tagen auf uns zukommen werden würde. Doch das Rätseln hatte bald ein Ende, denn am Abend erhielten wir noch einige Infos zu den folgenden Tagen. Richtig freuen konnten wir uns aber noch nicht: Wir standen nämlich vor der Aufgabe, innerhalb weniger Tage eine Präsentation zu erarbeiten, die wir dann vor ca. 160 Leuten bei Merk präsentiert werden sollten. Dies schien uns erstmal unmöglich.
Den Montag verbrachten wir in der Firma Merck. Als wir das Gelände durch die gläserne Pyramide des Eingangsbereiches betraten, waren wir echt erstaunt. Das Gelände war so riesig, dass wir einen Bus brauchten, um einen Überblick zu bekommen. Mit Hilfe von zwei Vorträgen wurde zum ersten Mal klar, was sich hinter dem Namen „Organische Elektronik“ versteckt. Der erste handelte von Flüssigkristallen, in welchem Gebiet Merck führend ist. Diese sind in vielen Bildschirmen verbaut und unter dem Namen LCDs oder LEDs bekannt. Man konnte gut verstehen, wie diese Technik funktionierte, doch sobald es in die Details ging, war es ziemlich schwer für mich zu folgen und ich war froh, dass es nicht nur mir so ging. Der zweite Vortrag von Prof. Rehahn war dann verständlicher. Er führte uns Schritt für Schritt in die Thematik der organischen Elektronik ein. Nun wussten wir, was auf uns zukommt. Erschöpft vom langen Zuhören gingen wir zum Mittagessen.
Anders als erwartet durften wir in der Besucherkantine von Merck zu Mittag essen. Dort wurden wir mit Cocktails und leckerem Essen begrüßt. Nach dem Essen hatten wir dann noch die einmalige Möglichkeit, die Labore und Reinräume, in welchen OLEDs hergestellt werden, zu besichtigen. Dies war faszinierend und wir erhielten einen Einblick in den aktuellen Forschungsstand und in die Arbeit von Merck.
Am frühen Abend kamen wir wieder an der Jugendherberge an und freuten uns auf einen gemütlichen Abend, jedoch blieb uns dieser verwehrt. Nach dem Abendessen mussten wir uns einem dreistündigen Präsentationstraining unterziehen, um uns auf die Präsentation unserer Ergebnisse vorzubereiten. Dies stellte sich zwar als anstrengend aber trotzdem sehr hilfreich heraus, denn jede Person bekam eine persönliche Rückmeldung und Tipps, wie sie ihr Auftreten verbessern kann. Diese konnten wir dann am Freitag umsetzten.
Am Dienstagmorgen nach dem Frühstück ging es dann zum ersten Mal ins Labor der TU Darmstadt. Dort hatten wir die Möglichkeit, drei Tage lang an den uns zugeteilten Themen zu forschen. Dazu wurden wir in Gruppen von vier Leuten eingeteilt. Unsere Gruppe beschäftigte sich mit dem Thema „Grätzel-Zelle“. Dies ist eine Solarzelle, welche mithilfe von Farbstoffen Strom erzeugt. Unsere Aufgabe war es also, eine solche Solarzelle aus Farbstoffen zu bauen und dann durch das verändern von einigen Parametern zu optimieren, um so die höchstmögliche Stromproduktion mit unseren Mitteln zu erreichen. Doch das Verbessern der Grätzel-Zelle stellte sich zuerst als sehr schwierig heraus, da wir Mühe damit hatten, überhaupt eine funktionierende Solarzelle zu bauen. So geschah es, dass wir am ersten Tag nicht eine einzige Zelle zum laufen bekamen, deshalb war an ein Optimieren noch gar nicht zu denken. Wir machten die Erfahrung, dass Versuche oft nicht klappen und dass man bis zum Gelingen eines Experimentes sehr viel Geduld haben muss. Trotzdem waren wir nach dem ersten Tag also sehr deprimiert.
An den folgenden zwei Tagen im Labor funktionierte es dann endlich und wir waren sehr erleichtert, als wir den ersten Strom messen konnten. Die Arbeit im Labor machte von Tag zu Tag mehr Spaß, denn je länger man experimentierte, desto selbständiger wurde man.
Die Zeit im Labor endete immer gegen Nachmittag. Danach machten wir uns auf den Weg zu Jugendherberge und hatten dort Freizeit. Ein Teil dieser Zeit verbrachte ich damit, mit anderen in die Stadt zu gehen oder in einer lockeren Runde Spiele zu spielen. Einen anderen Teil mussten wir jedoch für die Arbeit an unseren Präsentationen verwenden. Fertigstellen konnten wir die Präsentation allerdings erst am Donnerstagabend, sodass wir in der Nacht zu Freitag noch bis 3 Uhr morgens an unserer Präsentation arbeiteten. Doch das Ergebnis hat sich gelohnt.
Am nächsten Morgen hatten wir noch die Möglichkeit unsere Präsentationen noch einmal durchzugehen, um uns noch letzte Tipps zu holen. Dann machten wir uns ein letztes Mal auf den Weg zur Firma Merck. Dort sah ich zum ersten Mal den riesigen Raum, in welchem die Veranstaltung stattfinden sollte. Stühle, Leinwand und Rednerpult waren schon aufgebaut und warteten nur noch darauf, getestet zu werden. Also sprachen wir alle noch einmal kurz zum Test in das Mikrofon und gingen dann noch etwas essen. Die Aufregung war mittlerweile deutlich zu spüren.
Dann war es so weit und die Gäste - darunter Familie, Freunde und Lehrer – wurden hereingelassen. Die Präsentationen begannen. Unsere Gruppe war als letzte dran, was nicht gerade zur Beruhigung beitrug, da die anderen nacheinander erleichtert auf ihren Stühlen Platz nehmen konnten. Schließlich waren wir an der Reihe und hielten unseren Vortrag über die „Grätzel-Zelle“ und alles klappte wie nach Plan. Nach den Vorträgen bekam jede Gruppe noch eine persönliche Rückmeldung und viele Geschenke. Die Woche war nun vorbei und wir alle mussten uns voneinander verabschieden. Dies fiel uns schwer, da wir trotz der kurzen stressigen Zeit eng zusammengewachsen waren.
Alles in allem kann ich sagen, dass die Woche eine unbeschreiblich schöne Erfahrung für mich war. Es hat schließlich nicht jeder die Chance, in den Laboren auf eigene Faust zu experimentieren und zu forschen. Auch die Präsentation hat mich weiter gebracht, da dies eine kleine Überwindung für mich war. Ich habe in der Woche also sehr viel gelernt und viele nette junge Menschen kennengelernt, sodass ich froh bin, die Möglichkeit bekommen zu haben, an diesem Erfinderlabor teilzunehmen.